Hohe Stornokosten bei Übertragung der Reise auf eine Ersatzperson?

Was passiert, wenn der Reiseveranstalter den Wechsel des Reisenden durch hohe Mehrkosten verhindert?

§ 651e BGB ist eine Vorschrift, die in der Praxis ein Schattendasein führt, da Reisende sie nicht kennen und Reiseveranstalter ihre Anwendung systematisch verhindern.

Diese Vorschrift gewährt jedem Reisenden das Recht, einen Ersatzreisenden zu benennen, der an seiner Stelle die Reise antritt. Dies ist im Falle der persönlichen Verhinderung durch Krankheit oder Tod eines nahen Angehörigen für den Betroffenen eine Erleichterung, um eventuell hohe Stornokosten zu vermeiden. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift bewusst geschaffen, da der Reiseveranstalter grundsätzlich kein Interesse daran hat, dass eine bestimmte Person an der Reise teilnimmt, sondern dass es im Interesse des Reisenden möglich sein muss, durch Benennung eines Ersatzreisenden sich ohne hohe Stornokosten bezahlen zu müssen von dem Reisevertrag lösen zu können.

In der Praxis wird die gesetzliche Möglichkeit vielfach dadurch verhindert, dass der Reiseveranstalter den Wechsel des Reisenden davon abhängig macht, dass der Reisende hohe Zusatzkosten für den sogenannten „Name Chance“ bei den Flugtickets bezahlt. Die Argumentation der Reiseveranstalter ist die, dass die Fluggesellschaften den Wechsel der Person nicht zulassen, sondern auf Stornierung des bestehenden Beförderungsvertrages und Neubuchung für den eintretenden Reisenden bestehen. Die Mehrkosten übersteigen häufig den vereinbarten Reisepreis, so dass in der Praxis der Wechsel des Reisenden so gut wie nie praktiziert wird.

Das Landgericht München hat mit Urteil vom 25. August 2015 (30 S 25399/14) die Rechte Reisenden, die einen Wechsel der Person herbeiführen möchten, erheblich gestärkt.

Wird ein Reisender, der einen anderen statt seiner Person an der Reise teilnehmen lassen möchte, mit erheblichen Mehrkosten (z. B. für die Änderung von Flugtickets) belastet, steht ihm das Recht zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag zu.

„Es stellt eine Verletzung von Vertragspflichten des Reiseveranstalters dar, wenn der Reiseveranstalter den Wechsel des Reisenden nur gegen Bezahlung hoher Mehrkosten zulässt (z.B.wenn für den Wechsel des Reisenden Mehrkosten in Höhe von 1.850 € pro Person erhoben werden).

Nach Auffassung des Landgerichts München sind von dem Reisenden und dem eintretenden Dritten die Mehrkosten für den Wechsel als Gesamtschuldner zu tragen. Allerdings sind als Mehrkosten im Sinne des
§ 651e BGB nur die Kosten anzusehen, die dem Reiseveranstalter dadurch entstehen, dass er eine Umbuchung vornehmen muss. Gemeint sind nach der Auffassung des Landgerichts aber nur allein die verwaltungstechnischen Bearbeitungskosten, nicht die im Rahmen einer Neubuchung des Flugtickets anfallenden Kosten, denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollte durch die Vertragsübertragung eine Vergünstigung für den Reisenden geschaffen werden, die diesem den kostspieligeren Rücktritt ersparen sollte, sofern er aus persönlichen Gründen an der Teilnahme an der Reise gehindert ist.

Kosten für die Neubuchung eines Flugtickets sind demnach Aufwendungen, die letztendlich auf Vereinbarungen des Reiseveranstalters mit der Fluggesellschaft beruhen. Ein Reiseveranstalter kann auch nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln, dass Kosten für die Neuausstellung von Flugtickets weiterbelastet werden, denn eine solche Bestimmung ist gemäß § 134 BGB für den Fall unwirksam, soweit sie dem Reiseunternehmen einen weitergehenden Anspruch gewährt, als er ihr nach § 651b Abs. 2 BGB zusteht. Es ist nach der Auffassung des Landgerichts nicht unbillig, dem Reiseveranstalter insoweit das Kostenrisiko aufzuerlegen, da er es in seiner Hand hat, dem Risiko durch entsprechende Vertragsgestaltung mit dem Leistungsträger oder durch seine eigene Preisgestaltung zu begegnen.“

Nach dieser Entscheidung können Reisende, denen die Übertragung der Reise auf einen anderen infolge extrem hoher Umbuchungsgebühren faktisch unterbunden wurde, die daraufhin bezahlten Stornokosten vollständig zurückfordern. Die Verjährungsfrist hierfür beträgt drei Jahre.

In vielen Fällen kann den Reisenden geholfen werden, vor allem dann, wenn die Betroffenen qualifizierte Hilfe schon mit Aufforderung, einen Ersatzreisenden in das Vertragsverhältnis aufzunehmen, in Anspruch nehmen. Vor Durchführung der geplanten Reise kann man noch Informationen sammeln, die für die erfolgreiche Durchsetzung der Forderung wichtig sind.

Bei Fragen machen Sie bitte hier von der Möglichkeit der kostenlosen Ersteinschätzung Gebrauch.